…war der Titel der Broschüre des Sozialistischen Büro von 1971, der deutlich machen sollte, dass der „Fall Angela Davis“ kein Einzelfall ist, sondern für den grassierenden Rassismus in den USA der 1950er bis 70er Jahre steht.
Die aktuelle „Black Life Matters“–Bewegung zeigt, dass das Problem von staatlichem und gesellschaftlichem Rassismus bis heute virulent ist. Zwei Veranstaltungen im Haus der Demokratie und Menschenrechte in Berlin stellen die Revolutionärin vor und analysieren die Solidaritätsbewegungen in der BRD und DDR (s.u.).
Angela Davis wurde 1944 in Birmingham (Alabama) als viertes Kind der Lehrerin Sally Davis und des Tankstellenbesitzers Frank Davis geboren.[1] Sie absolvierte ihre Schule mit Auszeichnung und erhielt ein Stipendium an der Brandeis University in Massachussetts, an der auch Herbert Marcuse lehrte. Von 1962 bis 1963 war sie Gaststudentin an der Sorbonne in Paris und anschließend studierte sie Philosophie und Soziologie in Frankfurt u.a. bei Adorno, Horkheimer und Habermas. 1967 kehrte sie in die USA zurück.
Als schwarze Frau hatte sie keine Chance, sich dem strukturellen und alltäglichen Rassismus in den USA zu entziehen. Sie erlebte den Terror des Ku-Klux-Klans – so den Bombenanschlag 1963 in Birmingham (Alabama) bei dem vier schwarze Kinder getötet wurden und die weiße Justiz, die die rassistischen Mörder freisprach. Auf der anderen Seite wurden Schwarze wegen vergleichsweise geringfügigerer Verbrechen mit drakonischen Strafen belegt: so George Jackson, der als 18 jähriger 1960 wegen Raubes in einer Tankstelle zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde.
1968 eskalierte die rassistische Gewalt: Martin Luther King und Malcom X wurden ermordet, um die Bewegung zu zerschlagen. Als Gegenwehr wurde die Black Panther Party gegründet, um die schwarze Bevölkerung vor den Übergriffen von zivilen und staatlichen Rassisten zu schützen. Die Black Panther traten dabei öffentlich und offensiv bewaffnet auf, was nach amerikanischem Waffenrecht erlaubt war.
Angela Davis engagierte sich in der Bürgerrechtsbewegung und wurde Mitglied in der Kommunistischen Partei der USA. Sie unterstützte auch George Jackson und bewog ihn im Gefängnis von Soledad über die Situation der schwarzen Gefangenen zu schreiben.
Nach 10 Jahren Haft in Soledad sollte George Jackson 1970 in das Hochsicherheitsgefängnis von St. Quentin verlegt werden. Bei der Gerichtsverhandlung darum versuchte sein Bruder Jonathan ihn durch eine bewaffnete Geiselnahme des Richters freizupressen. Die Aktion endete in einer Schießerei, bei der Jonathan Jackson und zwei weitere Menschen getötet wurden. Angela Davis wurde vom FBI beschuldigt, eine Waffe gekauft zu haben, die dabei zum Einsatz gekommen sein soll und verhaftete sie im September 1970. Die Anklage lautete auf „Terror-Unterstützung“, was Todesstrafe heißen könnte. Nach einem Jahr Prozess und Haft kam sie 1971 auf Kaution frei. George Jackson wurde 1971 im Gefängnis getötet.
Angela Davis wurde nach einem weiteren Prozess-Jahr am 4. Juni 1972 in allen Anklagepunkten freigesprochen.
Dieses Beispiel rassistisch motivierter politischer Justiz kam zu einem guten Ende, ist aber auch die Ausnahme einer Regel, die bis heute in den USA zu beobachten ist und deren historische und juristische Aufarbeitung bis heute nicht erfolgt ist.
Im Gedenken an die Opfer rassistischer Gewalt – überall.
DS, 16.05 2022
Das Archiv des Hamburger Instituts für Sozialforschung (HIS) verfügt über eine umfangreiche Sammlung an Büchern, Broschüren, Zeitschriften, Flugblättern, Plakaten und Fotos zu den Themen: Bürgerrechtsbewegung, Black Power, Black Panther.
[1] Alle biografischen Informationen stammen aus dem Buch: Angela Davis (Bibliothek des Widerstandes, Band 2) Laika-Verlag, Hamburg 2010
Veranstaltungshinweise:
Angela – Portrait of A Revolutionary (OmU)
Filmvorführung mit Einführung
Montag, 23.5.2022 um 19:00 Uhr, Robert-Havemann-Saal
im Haus der Demokratie und Menschenrechte – Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin
Veranstaltende: Haus der Demokratie und Menschenrechte und Laika Verlag
Angela: Angela Davis, meine ich. Zu Beginn der Dreharbeiten im Jahr 1969 war sie eine unbekannte Philosophieprofessorin an der UCLA, doch als die überzeugte Kommunistin kurz darauf inhaftiert wurde, war sie bereits eine Ikone. Der Film zeigt Davis sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Privaten: bei Seminaren, bei Demonstrationen für politische Gefangene und die Black Panther und an ihrem Schreibtisch zu Hause. Befreit meinen Bruder, meine Schwester, mein Volk!
Film von Yolande du Luart aus dem Jahr 1971.
Die Einleitung zum Film wird der Verleger Karl-Heinz Dellwo (Laika Verlag) halten.
Diese Veranstaltung ist Teil des HdDM-Projekts „Solidarität als Brücke zwischen Osten und Westen“ gefördert durch die Berliner Landeszentrale für Politische Bildung (Projektförderung 2022).
Solidarität mit Angela Davis - in Ost- und Westdeutschland
Podiumsdiskussion
Mittwoch, 25.5.2022 um 19:00 Uhr, Robert-Havemann-Saal
im Haus der Demokratie und Menschenrechte – Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin
Veranstaltende: Haus der Demokratie und Menschenrechte
Vor 50 Jahren, Anfang Juni 1972, wurde Angela Davis in San Jose freigesprochen. Das war ein Ergebnis einer breiten und vielgestaltigen Solidaritätsbewegung, die bis in die beiden deutschen Staaten reichte. Angela Davis hatte Mitte der sechziger Jahre am Institut für Sozialforschung in Frankfurt/Main studiert und die DDR besucht. Im Westen war die Solidarität mit ihr Teil der Neuen Linken. In der DDR – Eine Million Blumen für Angela Davis! – war die Unterstützung der Kommunistin so selbstverständlich wie die offizielle Mobilisierung gegen den US-Imperialismus.
Ein Gespäch über internationale Solidarität mit Karlen Vesper und Karl-Heinz Dellwo.
Moderation: Sebastian Gerhardt
https://www.hausderdemokratie.de/Veranstaltungen