Beim Sichten des Vorlasses von Wolfgang Guhle sind wir auf einen ganz besonderen Schatz gestoßen: Eine große Sammlung von Anstecknadeln, Aufklebern, Postkarten und ähnlichen Kampagnenmaterialien, die von Guhles umwelt- und friedenspolitischem Engagement zeugen.
Vom Spucki bis zum pizzagroßen Aufkleber, ikonische Symbole wie die Friedenstaube und die „Lachende Sonne“ der Anti-Atomkraft-Bewegung der 1970er und 1980er Jahre tauchen in unzähligen Varianten auf. Besonders „stilecht“: Die Button-Sammlung in der Original-Jutetasche. Dort heißt es „Atomkraft? Nein Danke!“ in nicht weniger als 18 verschiedenen Sprachen, von Japanisch bis Grönländisch.
Wolfgang Guhle, geboren 1947, war schon in den 1960er Jahren in der Schüler*innenbewegung aktiv – er war Mitbegründer des AUSS Aktionszentrum unabhängiger und sozialistischer Schüler in Wyk auf Föhr und Vorstand bei PAS Politische Arbeitskreise an Schulen Schleswig-Holsteins.
Mit Wurzeln in verschiedenen außenparlamentarischen Bewegungen wie der Friedensbewegung (Deutsche Friedensunion, Krefelder Appell, Vertreter der bundesdeutschen Friedensbewegung im internationalen Organisationskomitee des Weltkongresses im UNO-Jahr des Friedens in Kopenhagen) sowie der Umwelt- und Anti-Atomkraft-Bewegung der 1970er und 1980er Jahre engagierte er sich in zahlreichen Gruppen und Initiativen, darunter die Arbeitsgemeinschaft für Umweltfragen (Hauptausschuss), der BBU e.V. und die Aktion Sauberes Meer.
Auch in der politischen Aktionskunst betätigte er sich, so in der Konzipierung und Mitwirkung der Open-Air-Aufführungen des Hamburger Phantasmus-Künstlers Rolf Schulz: „Aktion Baumsarg“ und bei Kunstprozession „Atomglanz und TodesWAAhn“ am Tor der geplanten Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf.
Er war besonders aktiv in der Umweltbewegung, u.a. als Sprecher der Bürgerinitiative Umweltschutz Uhlenhorst und jahrzehntelanges Vorstandsmitglied im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz BBU, und engagierte sich in Hamburg auf lokalpolitischer Ebene bei der Grün-Alternativen Liste GAL. Als deren Fraktionsvorsitzender in der Bezirksversammlung Hamburg-Nord war er Mitbetreiber der ersten kooperativen rot-grünen Zusammenarbeit auf Hamburger Ebene und als Vorsitzender des bezirklichen Umweltausschusses Initiator eines bezirklichen Agenda 21 – Prozesses mit Unterstützung von Franz Alt und Ernst Ulrich von Weizsäcker.
Daneben arbeitete er als Volkswirt und Geschäftsführer in der in Hamburg ansässigen BEWÖK Beratungsgesellschaft für Wirtschaft und Ökologie mbH und für die deutschen Umweltverbände in zahlreichen Normenausschüssen des DIN . Er war stellvertretender Vorsitzender des Umweltgutachterausschusses (UGA) beim Bundesumweltministerium.
Dieses vielfältige Engagement bildet sich in Wolfgang Guhles umfangreichem Vorlass ab, der 2016 ins Archiv des Hamburger Instituts für Sozialforschung kam. Über 160 Umzugskartons voller Korrespondenz, Protokolle, Rundschreiben, Broschüren, Zeitschriften, Fotos – und eben Aufklebern und Buttons – aus den 1960er bis 2000er Jahren befinden sich derzeit in der ersten Bearbeitung.
(SK)