Am 22. Februar 1969 wird in Frankfurt am Main die Trägervereinigung Sozialistisches Büro gegründet, die durch einen Beschluss vom 9. März 1969 in Arbeitsgruppe Sozialistisches Büro umbenannt wurde.

Ziel der Gründung war es, eine „undogmatische und auf deutsche Verhältnisse bezogene sozialistische Politik [zu] vertreten“ (1), zu bündeln und zu koordinieren und in der Zeitschrift Links zu berichten und zu diskutieren. (2)

Die Organisationsstruktur des SBs wurde über die Jahre durchaus komplex. Die Arbeitsgruppentagung bildete das oberste beschlussfassende Organ, in dem die zwölf Mitglieder des Arbeitsausschusses gewählt wurden. Durch den Arbeitsausschuss wurden acht hauptamtliche Sekretäre bestimmt. Da der Hauptsitz des SBs in Offenbach war, bildeten sich in der gesamten Bundesrepublik lokale Zentren, in denen die Mitglieder sowohl auf lokaler Ebene als auch in den überregionalen Arbeitsfeldern mitwirkten.

Im Delegiertenrat wurden wiederum die lokalen Gruppen durch mindestens einen Delegierten aus jeder lokalen Gruppe vertreten. Dieser bildete die Schnittstelle zwischen Arbeitsausschuss, Arbeitsgruppentagung und den Sekretären.

Im Verlag 2000 wurden die Zeitschriften Links, Express und Widersprüche sowie die Publikationen der Arbeitsfelder veröffentlicht. Vertreter der Redaktionen und Arbeitsfelder waren dabei Teil des Delegiertenrates.

Gründungsprotokoll des Sozialistischen Büros 1969
Gründungsprotokoll des Sozialistischen Büros 1969
Organisationsstruktur des Sozialistischen Büros
Organisationsstruktur des Sozialistischen Büros

Durch zahlreiche Publikationen, Veranstaltungen und vor allem auch Kongresse erlangte das Sozialistische Büro große Bekanntheit. Dazu gehören der Angela-Davis-Solidaritätskongress, die Antirepressionskampagne und der Pfingstkongress sowie der Große Ratschlag und der Frankfurter Friedenkongress.

2019 wäre das Sozialistische Büro 50 Jahre alt geworden, was in zahlreichen Video-Beiträge mit der Beschreibung „[…] um im Erinnern und Rekonstruieren der Frage nach der Wirkungsgeschichte, der Aktualität und dem Unabgegoltenen dieses für die Veränderung der Bundesrepublik nicht unwichtigen Versuchs einer ‚organisierten Nicht-Organisation‘ jenseits von Partei, Staat und »Nürnberger Trichter« nachzugehen.“ (3) im Medico-Haus in Frankfurt am Main gefeiert und dokumentiert wurde. Tatsächlich endete die Arbeit des SBs bereits Ende der 1990er Jahre.

Die Bestände im Archiv des Hamburger Instituts für Sozialforschung

Im Archiv des Hamburger Instituts für Sozialforschung befinden sich nun drei Teilbestände des Sozialistischen Büros.

Zum einen wurde bereits 1997 das Archiv des Sozialistischen Büros in Offenbach ans HIS übergeben. Mit 5 Laufmetern und einem Umfang von 50 Archivboxen bildet dieser Bestand eine fragmenthafte Sammlung der Ablage im Offenbacher Büro ab.

Ebenfalls 1997 traf eine Abgabe der Ortsgruppe Hamburg (Initiative Sozialistisches Zentrum, ISZ) mit 3 Laufmetern und einem Umfang von 32 Archivboxen in unserem Archiv ein. Der Bestand beinhaltet das Archiv OG Hamburg (Archiv der Ortsgruppe Hamburg des Sozialistischen Bundes). Die Ortsgruppe trat später dem SB bei, was sich aus den Unterlagen ablesen lässt.

Des Weiteren wurden diesem Bestand Unterlagen des Sozialistisches Osteuropakomitees aufgrund seiner personellen und institutionellen Nähe hinzugefügt, die 2006 im HIS abgegeben wurden.

Zuletzt kam 2019 noch das Archiv des Arbeitsfeldes Sozialarbeit aus Offenbach hinzu, das mit 9 Laufmetern und einem Umfang von 91 Archivboxen den größten Teil ausmacht und vor allem die inhaltliche Arbeit des Arbeitsfeldes thematisch wiederspiegelt. So finden sich hier beispielsweise umfassende Unterlagen zu Jugendhilfe, Heimerziehung und gesellschaftlichen Randgruppen.

Regalansicht des erschlossenen Bestandes
Regalansicht des erschlossenen Bestandes

Der Anforderung des immensen Informationsflusses und der dahinterstehenden Bürokratie folgend, sind die Bestände stark geprägt von Protokollen, Rundbriefen und Diskussionsvorlagen.

Bei allen (Teil-)Beständen wurden Zeitschriften, Aufkleber und Plakate entnommen und der jeweiligen Sammlung zugeführt, um deren Auffindbarkeit zu verbessern. Fotos und Videos wurden ebenfalls entnommen, um diese sachgerecht zu lagern. Video und Audio wurde nach Möglichkeit digitalisiert und sind vor Ort hör- und einsehbar.

Alle Entnahmen wurden gekennzeichnet und dokumentiert und sind anhand der Inventarnummern recherchierbar.

Das Erschließungsprojekt, dass die drei Teilbestände umfasst begann 2021 und wurde im Frühjahr 2024 abgeschlossen, sodass die Bestände nun archivgerecht verpackt und vollständig erschlossen recherchiert und genutzt werden können.

MG, Juni 2024

Quellen:

*Referatstitel Oskar Negts, vorgetragen auf einer Tagung im Oktober 1972. Oskar Negt übernahm in den 1970er Jahren eine führende Rolle als Stratege im Sozialistischen Büro. Quelle: Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialistisches_B%C3%BCro [Zugriff am: 17.04.2024]

(1) A. Buro, 2011. Gewaltlos gegen Krieg. Lebenserinnerungen eines streitbaren Pazifisten. Frankfurt a.M.: Brandes & Apsel. ISBN: 978-3-86099-709-3, S.137

(2) Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der politischen Bildung e.V. (AFP e.V.). Sozialistisches Büro, [Zugriff am 17.04.2023]. Verfügbar unter: https://express-afp.info/sozialistisches-buero-sb

(3) Youtube. 50 Jahre Sozialistisches Büro auf, 13.07.2019 [Zugriff am: 17.04.2024]. Verfügbar unter: https://www.youtube.com/playlist?list=PL6bLDQJCr8vQ1BBQpWNbFlJVR6Gv_g2bA